Wie schriebe ich jetzt überhaupt?
Ich sitze vor einem leeren Blatt Papier
Fühle mich der Worte beraubt
Im Kopf ständig die eine Melodie vom Klavier
Doch ich versuch meine Gefühle zu hören.
Bin ich jetzt Romantiker, weil ich sehnsüchtig nach Ideen aus dem Fenster seh
Aufsteh
Das Fenster aufmach, rausseh
Und mich erinner an das Fernweh.
Wie gerne ich reiste und wie mein Kopf voller Ideen implodierte
Wie ich versucht hab meine Gefühle zu hören und sogar mal fühlte
Obwohl ich erst spät von meiner emotionalen Trunkenheit wusste
Wie mein Schreibblock meine verbale Kotze aushalten musste
Bis die Fernblicke durchs Fenster immer länger wurden
Die Romantik zwischen Stift und Papier zur On/Off Beziehung wird
Tinte vertrocknet, vergessen worüber man grad schreiben wollte
Und mein Kopf sich nicht mehr an der Schönheit der Natur orientiert
Sondern sich in präapokalyptischem Expressionismus verirrt
Ungewollt, wie ich rosarote Romantikpoesie ich die Ecke schmeiß
Und mich zwischen den Worten vergreif
Was hab ich da geschrieben?
Gewaltvoll ein paar Gefühle
Gefühllos in das Gefüge
Sprachkrise.
Eine neue Seite, immer noch kein neuer Gedanke
Doch wie, wie umgehe ich diese Schranke
Die so wunderschön, einsam und allein nur in meinem Kopf existiert.
So fassungslos und unsichtbar
Zwischen mir und diesem Papier war.
Ich reise nicht mehr, gefangen im Alltag
Ich bleibe stillstehen, sitze nicht in Italien unterm Sternenmeer
Und selbst meine Gefühle bleiben so leer.
Suche Fassung, einen Hauch Orientierung
Wie ein Segel ohne Wind such ich vergeben nach Schwung
Probier es mit verbaler Exotik, ein wenig grammatikalische Höchstüberforderung
Frag mich, ob das irgendjemand überhaupt lesen kann ohne mündliche Kolatteralverhaspelung
Und weil der Reim gerade funktioniert, die Idee jedoch nicht zerstör sie mit einer emotionslosen alternativen, nicht lösungsorientierten Endung.
Wir hatten schon die Diskussion,
dass uns die eigenen Gedichte nicht gefallen
obwohl diese Poesie etwas ganz anderes sein soll
mein Kopf ist grade zu voll
Ich kann nicht rauslassen, was ich ausdrücken will, was tief in meinem Herzen steckt
Denn meine Worte sind nur das, was ich spüre, so wie ich lebe, oder was ich gerne leben würde
Vielleicht eine Emotion oder ein Moment, gefangen in der Erinnerung, runtergebrochen in so kurzen, limitierten,
Mit aufgezwungen kreativen Adjektiven verzierten Wörtern
Von denen ich nichtmal weiß, was sie bedeuten
Mit welcher Verzweiflung sie so liebevoll auf dieses Blatt Papier geprügelt wurden
Wenn sie das überhaupt aussprechen können
Ich schreibe stets weiter
Probier‘ es zumindest
Denn nur so kann ich ausdrücken
Was unter der Oberfläche
Versucht sich zu verstecken
Und wenn es nicht für dich wäre
Herrsche auf diesem Blatt immer noch diese Leere
Ziellos hat er so oft den Stift bewegt
Ohne, dass sich in euch was regt
Wir wollen doch alle nur schreiben,
dass es ihnen gefällt
für ein bisschen Applaus
ein sanftes Lächeln
Tränen in den Augen
Oder einem Gedanken im Kopf
Dann werden wir zu sentimentalen Atomkraftwerken
Bis wir merken:
Ich hab die Uhr verpasst
Es ist schon halb zwei
Hängengeblieben auf Seite drei
Hör noch immer die Melodie vom Klavier
Und frag mich: was meint der Sänger grade hier?
Welches Wörterbuch hat er verschluckt und auf sein Papier gekotzt,
wie kann man so kreativ sein
Meine Gedichte sind ein emotionaler Stein
Entschieden, dass ich noch für ein paar Stunden ins Bett geh
Verschwinde von diesen wachen Molekülen
Denn ich brauch keine Worte für das, was ich in meinen Träumen seh
Ich hab jetzt schon zu lang versucht, meine Gefühle zu fühlen
Text für Poetry Slam November 23